Zeigt her Eure Blätter - Gesundheitscheck für Stadtbäume

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Links: 3D-Darstellung der LiDAR-Ergebnisse (verschieden Farben stehen für verschiedene Höhen über dem Boden). Rechts: Ein Algorithmus erkennt einzelne Bäume, basierend auf LiDAR-Daten. Abbildung: Jeroen Degerickx, Quelle der Daten: Aerodata International Surveys.

 

Eine neue, preiswerte Methode um den Zustand von Bäumen in Städten zu erfassen.

Bäume tragen bekanntermaßen in vielfältiger Weise zum Wohlbefinden von Städtern bei: sie reduzieren beispielsweise Luftverschmutzung, und sie kühlen ihre Umgebung durch Verdunstung und Schatten. Wenn ein Baum krank wird, dann nehmen diese Serviceleistungen ab. Von Krankheiten befallene, instabile Bäume können Passanten sogar gefährlich werden. Herkömmliche Untersuchungen von Bäumen sind jedoch arbeitsaufwändig und teuer.

Heute werden jedoch Wissenschaftler der Universität KU Leuven auf der Konferenz ‘Ecology Across Borders’ in Gent, Belgien, eine schnelle, preiswerte und objektive Methode vorstellen, mit der der Zustand von Stadtbäumen flächendeckend erfasst und bewertet werden kann.

Die Wissenschaftler kombinierten Messungen von zwei an einem Flugzeug montierten Sensoren um damit die Blattdichte und die Farbe der Blätter von Bäumen in der Stadt Brüssel zu erfassen. Zuerst verwendeten sie LiDAR-Messungen (Light Detection and Ranging) um einzelne Bäume zu erfassen und voneinander abzugrenzen. LiDAR-Daten bestehen aus sehr genauen Abstandsmessungen zwischen dem Flugzeug und Objekten auf dem Boden, wodurch eine detailgetreue 3D-Darstellung der Stadt erstellt wird.

Danach konnten sie mit Hyperspektraldaten die Dichte und den Zustand der Blätter für jeden einzelnen Baum bestimmen. „Hyperspektral“ bedeutet, dass das Muster der Wellenlängen des von einem Objekt reflektierten Lichts mit großer Genauigkeit gemessen wird. Objekte reflektieren unterschiedliche Bereiche des Lichtspektrums, abhängig von ihren Eigenschaften wie Farbe, chemischer Zusammensetzung und Struktur. Kranke oder z.B. durch Wassermangel gestresste Bäume sind nicht mehr so grün wie gesunde Bäume. Außerdem haben sie oft weniger Blätter, wodurch dann mehr von der Bodenoberfläche unter der Baumkrone zu sehen ist. Diese Veränderungen werden mit den LiDAR- und den Hyperspektraldaten erfasst, womit eine Unterscheidung von gesunden und kranken Bäumen möglich wird.

Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf die vier häufigsten Baumarten in städtischen Grünanlagen und entlang von öffentlichen Straßen in Brüssel und anderen flämischen Städten: Ahorn (Acer spp.), Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), Platane (Platanus spp.) und Linde (Tilia spp.). Die Ergebnisse der Flugzeugdaten wurden bei ca. 25 Bäumen jeder Art mit herkömmlichen Baumuntersuchungen überprüft.

„Diese luftgestützte Kartierung der Baumgesundheit ist ein großer Fortschritt gegenüber den herkömmlichen arbeitsaufwändigen Baumuntersuchungen vor Ort, und bietet daher den städtischen Beauftragten für Grünanlagen große Vorteile“, sagt Jeroen Degerickx, der Erstautor dieser Studie. „Fernerkundung ist auf jeden Fall ein äußerst vielversprechendes Werkzeug für die Erforschung der Gesundheit von Stadtbäumen. Im Vergleich zu Untersuchungen vor Ort sind die Ergebnisse der Fernerkundung objektiver, umfassender, und decken innerhalb kurzer Zeit große, zusammenhängende Gebiete ab, und sie können auch über längere Zeiträume hinweg leicht wiederholt werden“, fügt er hinzu.

Bäume in Städten leiden unter einer Vielzahl von Stressfaktoren, die in natürlichen Umgebungen nicht oder deutlich geringer vorhanden sind. Die Verschmutzung der Böden und der Luft führt bei Stadtbäumen dazu dass sie große Mengen von Schwermetallen und anderen schädlichen Stoffen aufnehmen. Bäume entlang von Straßen werden oft durch die Unmengen an Salz geschädigt, mit denen die Straßen im Winter eisfrei gehalten werden. Böden sind in der Stadt oft auch sehr flach (z.B. weil darunter Kanalsysteme o.ä. vorhanden sind) und Bäume werden oft an sehr beengten Stellen gepflanzt. Beides beschränkt den Raum in dem Wurzeln wachsen können und erhöht damit das Risiko für Trockenstress und Nährstoffmängel. Das Risiko für Trockenstress wird in Städten außerdem noch verschärft da Städte im Vergleich zur ländlichen Umgebung grundsätzlich wärmer sind, ein Phänomen das „Städtische Wärmeinsel“ genannt wird.

„Angesichts der größeren Häufigkeit von Stressfaktoren in städtischen Umgebungen, und der großen Bedeutung von Bäumen für die Funktion und Stabilität von städtischen Ökosystemen und für die Lebensqualität der Stadtbewohner würde sagen dass die Gesundheit von Stadtbäumen ganz allgemein ein wichtiger Faktor ist der in jeder Stadt und in jedem Land dieser Erde berücksichtigt wird oder werden sollte“ meint Degerickx.

Es gibt bereits Pläne die neue Methode in naher Zukunft in öffentliche Umwelterfassungsprogramme zu integrieren. „Wir stehen bereits mit dem Brüsseler Gartenbauamt und der Dachorganisation für öffentliche Grünanlagen in Flandern (VVOG) in Verbindung. Beide haben ihr Interesse an unseren Untersuchungen bekundet, womit klar wird dass die Gesundheit von Stadtbäumen tatsächlich eine wichtige Angelegenheit ist“, berichtet Degerickx.

Diese Studie ist Teil des internationalen Forschungsprogramms UrbanEars das das Potential von Fernerkundungsdaten für die Modellierung von Wasser- und Wärmedynamiken in Städten untersucht. Ein wichtiger Teil des Projekts ist die Kartierung und Charakterisierung von Grünanlagen, da diese bekanntermaßen einen großen Einfluss auf diese beiden Dynamiken haben.

Jeroen Degerickx hat seine Arbeit am Dienstag, 12. Dezember 2017 auf der Konferenz ‘Ecology Across Borders’ vorgestellt.Die diesjährige Jahrestagung wird gemeinsam von der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ), der British Ecological Society (BES), der Nederlands-Vlaamse vereniging voor ecologie (NecoV) und der European Ecological Federation (EEF) ausgerichtet. Auf der Tagung treffen 1500 Ökologen und Ökologinnen aus etwa 60 Ländern aufeinander um gemeinsam die neuesten Fortschritte in allen Disziplinen der ökologischen Wissenschaft zu diskutieren.

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Für Informationen zum Bericht und/oder um ein Interview mit dem Vortragenden zu organisieren, kontaktieren Sie bitte:
Jeroen Degerickx, KU Leuven, Email: jeroen.degerickx@kuleuven.be, Mobil: +32(0) 473 58 48 20,
oder Prof. Ben Somers, KU Leuven, Email: ben.somers@kuleuven.be, Tel: +32(0) 498 68 83 62

Für Informationen zur Konferenz oder um einen Presseausweis zu beantragen, kontaktieren Sie bitte:
Juliane Röder, Pressestelle der Gesellschaft für Ökologie, Email: presse@gfoe.org, Tel: +49 (0) 6421 28 23381

Bilder in hoher Auflösung sind auf Nachfrage verfügbar.

Bilder frei zur Veröffentlichung im Zusammenhang mit dieser Presseinformation. Wir bitten um den Quellenvermerk.

Die gemeinsame Jahrestagung „Ecology Across Borders“ findet im ICC Gent, Belgien, vom 11. bis 14. Dezember 2017 statt. Das detaillierte Programm finden Sie hier.

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